Eindrücke vom International Expert Symposium Advanced digital and esthetic dentistry
Der Besuch eines Kongresses mit internationalem Anspruch wirkt langsam und lange nach. In den teils von mehreren Kollegen gemeinsam gehaltenen Präsentationen wurde dies deutlich: Gegenwart und Zukunft der Zahnmedizin sind längst digital. Und damit neben den technischen Neuerungen vor allem eins: kollaborativ.
Ästhetik – mehr als Form und Funktion
In ihrem Eröffnungsvortrag machte Prof. Antonella Polimeni anhand eines historischen Abrisses zur Geschichte der Definition von Schönheit deutlich, dass Ästhetik mitnichten Kosmetik meint – das Aufhellen von Zähnen etwa oder die Verzierung von Frontzähnen mit glitzernden Twinkles. Vielmehr befriedigt sie das zeitlose und im Menschen tief verwurzelte Bedürfnis nach Schönheit. In der Zahnmedizin meint das in besonderem Maße, dass die Form der Funktion folgt. Jedwede Behandlung, die schön ist, jedoch funktionelle Belange ignoriert, wird scheitern.
Nur eine Behandlung, die sämtliche Parameter – Gesichtsform, Biss, Zahngesundheit und funktionale Gegebenheiten – mit einbezieht führt zu einem ästhetischen und damit oftmals die Würde des Menschen wahrenden Ergebnis.
Warum Kollaboration für die Digitale Zahnmedizin so wertvoll ist
Es war schon immer so, dass vor allem komplexe Fälle nur in enger Abstimmung zwischen Patient, Zahnarzt und Zahntechniker gelöst werden konnten. Nun ermöglichen es beispielsweise immer besser werdende Simulationen, die Versorgung des Patienten mit einer Prothese in einen bewegten Gesichts-Scan des Patienten einzubetten (Vortrag Dott. Francesco Mintrone) und sodann alle Phasen der Behandlung rückwärts zu planen und vorzubereiten: chirurgisch, implantologisch und prothetisch.
Totalprothesen – total verfügbar
Besonders beeindruckt hat mich die digitale Anfertigung von Totalprothesen. Hier ist der Nutzen der Digitalisierung für den Patienten unmittelbar. Es sind weniger Sitzungen, sprich Termine in der Zahnarztpraxis erforderlich, was für die meist älteren Patienten eine große Erleichterung ist. Die Zahnform ist am Bildschirm individualisierbar und die gefrästen Prothesen sind von höherer Festigkeit als traditionell hergestellte Prothesen.
Vorteilhaft sind hier die Merkmale digitaler Prozesse: Verfügbarkeit und Reproduzierbarkeit.
Das virtuelle Modell der Kiefer sowie der Prothesen bleibt und kann im Fall des Verlustes oder des Verschleißes der Prothesen verwendet werden, um mit weniger Aufwand neue Prothesen herzustellen. Der Vortrag von Venezia , Lacasella, Casucci, Ielasi verglich analoge und digitale Herangehensweisen bei der Versorgung zahnloser Patienten. Für mich war dieser Vortrag besonders eindrucksvoll, denn Totalprothetik als Wiederherstellung eines komplett zerstörten Kauorgans ist für mich in meiner Zahnarztpraxis eine faszinierende Aufgabe
Zwar kann diese mit viel Erfahrung und Können auch analog zur größten Zufriedenheit von Patienten und Behandlungsteam meist sehr gut gelöst werden. Doch es war begeisternd zu sehen, wie digital gewonnene Daten, zum Beispiel der bereits genannte Gesichts-Scan oder die die filmische Aufzeichnung der Kieferbewegungen, unsere Möglichkeiten erweitern und Behandlungsbaläufe verändern. Sie ermöglichen virtuelle Anproben. Diese werden danach zur Zeit noch gefräst und entsprechen bereits in diesem Stadium sehr viel genauer als traditionelle Wachsanproben der fertigen Arbeit. Auch die fertige Prothese wird gefräst.
Fazit
Digitale Zahnmedizin wird bedeuten, daß wir in Kürze mittels Druckverfahren Abdrucklöffel, Biss-Nahmen und Anproben herstellen können. Dann haben wir neben verkürzten Behandlungszeiten auch ökonomische Vorteile für den Patienten.
Schön fand ich vor allem, daß alle vorgestellten digitalen Prozesse nicht nur von der Anlage her kollaborativ sind (Daten lassen sich einfacher tauschen und replizieren als Modelle), sondern die Versorgung der Patienten im engen Austausch zwischen Zahnarzt und Zahntechniker stattfindet.
Die Zukunft der Zahnmedizin ist nicht nur digital, sondern stärkt auch die Zusammenarbeit aller notwendigen Akteure – zum Wohle des Patienten.
Dazu erzähle ich auch in meinem kurzen Live-Video vom Kongress.