Dass digitale Innovationen längst fast alle Bereiche des Alltags durchdringen, wird niemand mehr bezweifeln. Sie verändern die Art und Weise zu arbeiten und zu kommunizieren. Viel mehr noch: sie verändern unser Leben. Das gilt auch für den #Gesundheitsbereich.
Um nur einige Zahlen zu nennen: Auf über 200 Milliarden Dollar wird der digitale Gesundheitsmarkt bis zum Jahr 2025 weltweit anwachsen, schätzt Roland Berger. Immerhin 45 Prozent der Smartphone-Nutzer aus Deutschland verwenden bereits Gesundheits-Apps, sagt Bitkom Research. Knapp 220 Millionen Wearables werden im Jahr 2022 ausgeliefert, prognostizieren Analysten der International Data Corporation. Angesichts dieser stürmischen Entwicklung ist die holprige Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der dahinterstehenden „Telematikinfrastruktur“ ein teurer Irrweg und Irrtum.
Den Zahn ziehen wir gerne
Ich bin froh, dass die Frage „Digital oder Analog“ nicht mehr so sehr mit einem bedrohlichen Szenario verbunden scheint, wie vor einigen Jahren noch. Denn es geht nicht darum, dass digitale Prozesse analoge Techniken ablösen. Es geht auch nicht darum, ob wir künftig den Patienten nur noch per Video-Chat behandeln oder ein Roboter Ihren Zahn ziehen wird, oder ein grandioser Missbrauch von personenbezogenen Gesundheitsdaten ins Haus steht (ein gern verwendetes Argument für die jahrelangen Verzögerungen in unserem Land).
Digitalisierung ermöglicht hingegen mehr denn je, dass die Datenhoheit beim Patienten liegt. Er allein muss entscheiden können, wo er sie bewahrt, was er mit ihnen macht, mit wem er sie teilt.
Digital ergänzt analog – zum Wohle des Patienten
Es geht darum, das eine sinnvoll durch das andere zu ergänzen. Als Mensch denken, analog eine Haltung entwickeln, durch digitale Möglichkeiten ergänzen und erweitern, zum Wohle der Menschen, der Patienten. Zum Beispiel mit dem konkreten Ziel, Restaurationen und Zahnersatz nicht nur schöner, qualitätsvoller, nachhaltiger und vorhersagbarer herzustellen, sondern am Ende auch kostengünstiger, dauerhaft verfügbar und reproduzierbar, was besonders mit Blick auf eine alternde Bevölkerung von Bedeutung sein wird. Zwar kann dies mit viel Erfahrung und Können meist auch analog zur größten Zufriedenheit von Patient und Behandler sehr gut gelöst werden. Es ist jedoch faszinierend zu sehen, wie digital gewonnene Daten, z.B. der Gesichts-Scan oder eine filmische Aufzeichnung der Kieferbewegungen unsere Möglichkeiten erweitern und Behandlungsabläufe verändern.
Kollaboration ist das Zauberwort
Diese neuen Behandlungsabläufe ermöglichen es, einen geplanten Zahnersatz virtuell „anzuprobieren“. Diese sogenannten Anproben werden zur Zeit danach noch gefräst und entsprechen bereits in diesem Stadium sehr viel genauer als traditionelle Anproben aus Wachs der fertigen Arbeit. Das sind gewaltige Fortschritte mit hochqualitativem Ergebnis, schnelleren und kostengünstigeren Verfahren, die zudem das Resultat eines professionellen Zusammenspiels zwischen allen Akteuren sind: Zahnarzt, Zahntechniker und Patient. Mit einem Wort: wenn ich als Zahnarzt gutes Datenmaterial liefere, brauche ich den Zahntechniker nicht mehr vor Ort; ich suche mir den besten, egal wo er sitzt.
Arzt und Patient begegnen sich analog; das ist eine der schönsten Seiten in diesem Beruf und das wird noch lange so bleiben. Digitales bietet unvorhergesehene Möglichkeiten, die Dinge für den Patienten zu verbessern. Diese nutzen wir, sowohl als dentale Technologie als auch in der Kommunikation und Zusammenarbeit. Das ist die richtige Richtung, davon sind wir überzeugt.
Was bedeutet der Einzug digitaler Technologien in die Zahnmedizin? Welche Vorteile bietet er für Patienten und Ärzte?
Die digitalen Technologien sind weltweit längst vielfältiger als wir sie hier in Deutschland nutzen. Wir haben bereits seit einigen Jahren ein 3D-Röntgengerät (DVT), ein Gerät, mit dem wir hochauflösend dreidimensional röntgen können. Das ermöglicht eine hervorragende Diagnostik und in zunehmendem Maße die digitale Planung von prothetischen Versorgungen.
Implantationen planen wir digital, Einzelkronen können wir in nur einer Sitzung mittels eines intraoralen Scans, anschließender digitaler Planung und der Fräse in der Praxis in einer einzigen Sitzung anfertigen. Das erspart dem Patienten einen erneuten Besuch und senkt die Kosten. Dieses Verfahren ist seit den 80er Jahren bewährt, doch ist unser System in einer frühen Phase. So können wir – zum Wohle des Patienten – auf die Produktentwicklung Einfluss nehmen.
Technologie gleich wenig Zeitaufwand und Kosten?
Ein schönes Beispiel für die Vorteile, die die digitalen Technologien und vor allem der einfacher werdende Austausch mit Zahntechnikern und anderen Kollegen hat, ist z.B. die mögliche Anfertigung von digitalen Totalprothesen. Eine Simulation der Prothese kann in einen bewegten Gesichts-Scan des Patienten eingebettet werden. Der Zahnarzt plant dann alle Schritte der Behandlung quasi rückwärts: chirurgisch, prothetisch und eventuell implantologisch. Hier ist der Nutzen für den Patienten unmittelbar. Es sind weniger Sitzungen, sprich Termine in der Praxis erforderlich, die Zahnform ist am Bildschirm individualisierbar und die gefrästen Prothesen sind von höherer Festigkeit als die traditionell hergestellten. Zudem ist diese Prothese reproduzierbar. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil in einer der ältesten Gesellschaften der Welt mit vielen Pflegebedürftigen.
Letztlich bedeuten die digitalen dentalen Technologien mehr Verfügbarkeit, Reproduzierbarkeit, hohe Qualität, Nachhaltigkeit und oft den Vorteil der Zeit- und Kostenersparnis. Noch allerdings ist es so, dass das nur reibungslos funktioniert, weil wir auch die grundlegenden analogen Prozesse beherrschen.
Verändert Digitalisierung die Strukturen und internen Prozesse einer Zahnarztpraxis?
Ja, auf jeden Fall. Neben den digitalen dentalen Technologien geht es vor allem auch um Zusammenarbeit, Kommunikation und Datenaustausch – sowohl intern im Team als auch mit den Patienten und Kollegen. Das betrifft direkt die Organisation einer Praxis, die Arbeitsprozesse und die interne wie externe Kommunikation. Ein Beispiel: wir führen seit 1993 eine papierlose Behandlungsdokumentation. D.h. bei Bedarf stehen auch 20 Jahre alte Informationen sofort zur Verfügung. Dieses Datenvolumen umfasst mittlerweile mehr als 400 GB. Angefangen haben wir mit 4 MB.
Wir haben längst den informierten Patienten, der privat wie beruflich digitale Formate nutzt, um eigenes Wissen zu generieren und zu kommunizieren. Das erhöht den Anspruch an den Arzt, sowohl was die Qualität der Behandlung betrifft, als auch eine interaktive und zeitnahe Kommunikation. Um auch hier einige Fakten zu nennen: 55 Prozent der deutschen Internetnutzer verwenden Soziale Netzwerke für ihre Kommunikation, so das Statistische Bundesamt. Um 100 Millionen Nutzer zu erreichen brauchte das Telefon 75 Jahre, Instagram nur 2,2 Jahre, so die OECD in dem Report „Key Issues for Digital Transformation in the G20“.
Wir schicken unseren Patienten nicht nur eine Terminbestätigung per SMS, wir testen auch die Online-Terminvergabe und bieten Video-Sprechstunden an. Facebook hilft bei der Akquise neuer Mitarbeiter, Instagram verbindet uns mit der Welt, twitter bietet Austausch zu inhaltlichen Themen auf hohem Niveau. All das nutzen wir – natürlich!
Wir bieten auf unserer Website Animationsfilme an, die dem Patienten filmisch vor Augen führen, wie eine Behandlung vorgenommen werden wird. Auf unserem Blog versorgen wir unsere Patienten regelmäßig mit Neuigkeiten aus der Zahnheilkunde, berichten von Kongressen und Entwicklungen auf dem Gebiet der „digital dentistry“. Außerdem nutzen wir virtuelle internationale Netzwerke zu Austausch und Fortbildung mit anderen Implantologen.