Aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung zur Onlinesprechstunde geht hervor, daß 45% der befragten Patienten sich vorstellen könnten, das Angebot einer solchen Beratung durch ihren Arzt über das Netz wahrzunehmen. Dies gern auch außerhalb der praxisüblichen Zeiten und kurzfristig, ohne lange Wartezeit. Was auf dieser Seite schamhaft verschwiegen wird und erst im .pdf der Studie steht: 84% sind nicht bereit, dies dem Arzt zu honorieren.

Die Frage dazu lautete:

„Angenommen, Ihre Krankenkasse zahlt eine Video-Sprechstunde bei Ihrem Haus- oder Facharzt nicht. Wie viel Geld wären Sie bereit, aus eigener Tasche zu bezahlen, wenn der Arzt in der Video-Sprechstunde mit Ihnen ausführlich (etwa 10-15 Minuten) die Diagnose und auch die geplante Untersuchung oder Behandlung, einschließlich der Alternativen, der Nutzen und Risiken, bespricht?“ Angaben in Prozent, n= 1.046″

Wie hätten Sie geantwortet?

Die Leistungserbringer wurden im Rahmen der Studie nicht befragt.

Als Arzt finde ich die Möglichkeiten, die das Netz zur Kollaboration bietet, großartig. Es ist super, daß es auch Patienten so leichter gemacht wird, sich über Ärzte zu informieren oder sich über ihre Erkrankungen auszutauschen. Zweitmeinungen lassen sich leichter einholen. Und so bieten auch wir seit Anfang 2016 eine Onlinesprechstunde an.

Eine Beratung per Videochat erfordert aus der Verantwortung für den Patienten heraus Konzentration, Aufmerksamkeit und Zuwendung. In dieser Zeit kann ich keine anderen Behandlungen durchführen.

Onlinesprechstunden ermöglichen im Prinzip, daß jeder Patient die besten Ärzte ihres Fachgebiets konsultieren kann.

Es ist deswegen unumgänglich, daß diese Zeit, Beratung und Zuwendung adäquat honoriert werden.

Und das bedeutet, daß ich als Arzt ein Honorar bekommen muß, ganz so als ob Sie in der Praxis wären und dort behandelt würden.

Den Stundensatz einer Hausarztes kenne ich nicht, doch denke ich, daß ein Honorar zwischen 30€ und 60€ je angefangener Viertelstunde angemessen sein dürfte.

Es ist völlig ausgeschlossen, daß dies eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen werden könnte.
Einerseits, weil die Beratung durch den Arzt traditionell erbärmlich honoriert wird.
Andererseits, weil nur ein finanzielles Engagement des Patienten ein wirksames Antidot gegen den Missbrauch der Onlinesprechstunde („Ärztehopping“) darstellt und gleichzeitig auch für die Verbindlichkeit der erbrachten Leistung sorgt. Denn:

was nichts kostet, taugt auch nichts.

Patienten, die nicht bereit sind, den gesuchten  und bekommenen Rat angemessen zu honorieren, werden vermutlich auch Schwierigkeiten haben ihn anzunehmen.

Persönliche, aufmerksame Beratung gibt es nicht umsonst.

Ich bin gespannt, ob die Bertelsmann Stiftung ähnlich detailliert die Haltung der Leistungserbringer zur Onlinesprechstunde abfragt oder ob sie sich auf Experten verläßt, die eben nicht darauf angewiesen sind, in einer freien Praxis Umsatz zu erwirtschaften.

 

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